In der High-School zu Hause

Ich finde, dass man auf einer High-School in den USA eine viel größere Chance hat, praktische Erfahrungen zu sammeln und seinem Traumjob schneller näher kommt, weil man dort wirklich alles ausprobieren kann und schneller lernt, was einem gut liegt und Spaß macht!

Ich bin Chiara und war neun Monate in Texas. Ich habe zweimal die Gastfamilie gewechselt. Meine erste Gastmutter äußerte vorab in einem Brief schon ihre Bedenken, dass es eventuell etwas schwierig mit ihrer Tochter werden könnte, weil sie Einzelkind ist und es nicht gewohnt sei, eine Schwester zu haben. Es ist dann letztlich so gekommen, dass sie eifersüchtig auf mich war, weil ich mich mit meiner Gastmutter sehr gut verstand. Ich bin sehr anders erzogen worden als meine Gastschwester und ich hatte großen Respekt vor meiner Gastfamilie. Leider hat meine Gastschwester das häufig nicht richtig verstanden und dachte wohl, ihre Mutter wolle sie durch mich ersetzen. Wir haben uns leider nie richtig darüber ausgesprochen, es war einfach immer unterschwellig vorhanden. Wir haben einfach keine richtige Ebene zueinander gefunden.So teilten wir zum Beispiel auch keine gemeinsamen Interessen, sie war eher ein „Diskomäuschen“ und ich habe Sport getrieben und mich in der Schule engagiert.

Die High-School hat mir sehr großen Spaß gemacht! Ich habe mich dem Mädchen Fußballteam angeschlossen, im Chor gesungen, am Yearbook mitgearbeitet, getanzt und mich für Freiwilligendienste gemeldet, zum Beispiel musste ich bei einem Schwimmwettkampf die Zeiten stoppen. Die Schule fing immer um 8:15 Uhr an und man hatte 4 x 90 Minuten Unterricht. Ich wurde meistens mit dem Auto von meiner Gastschwester oder von Freunden mitgenommen. Häufig war ich von 8 Uhr morgens bis 18 oder 22 Uhr abends in der Schule, was mir erst sehr fremd war, aber dann sehr gefallen hat. Es gab A und B Tage, die sich immer abgewechselt haben., sodass man 8 unterschiedliche Kurse hatte. Meine waren Chor 1 und 2, Journalismus, Englisch, Tanzen, Debattieren, Aerobics und Ernährungswissenschaften. Ja richtig, ich habe KEIN Matheunterricht machen müssen! Die Fächer waren total einfach, verglichen mit dem deutschen “Standard“. Die Tests durften auch häufig mit dem Hefter durchgeführt werden. Ich habe mir extra solche Kurse ausgesucht, die ich in Deutschland nicht hatte, außer Englisch, das war mir vorgeschrieben. Ich finde, dass man auf einer High-School in den USA eine viel größere Chance hat, praktische Erfahrungen zu sammeln und seinem Traumjob schneller näher kommt, weil man dort wirklich alles ausprobieren kann und schneller lernt, was einem gut liegt und Spaß macht!

Die meisten meiner Freunde habe ich natürlich im Fußballteam und im Chor gehabt. Sie waren immer für mich da und standen mir mit Rat und Tat zur Seite. Ganz im Gegensatz zu meiner deutschen Schule, interessieren sich auch die Lehrer in den USA für den Schüler als Person. An meiner Schule waren über 3000 Schüler und somit auch ordentlich Personal und ich kannte keinen, der sich nicht mit einem Schüler hingesetzt hätte und ihm bei einem Problem geholfen hätte. Meine Journalismus-Lehrerin war zum Beispiel sehr nett, ich habe mich sehr gut mir ihr verstanden und sie war ein bisschen wie meine Cousine für mich. Sie war noch sehr jung und wir hatten viele gleiche Interessen. Robbie Williams war ihr Lieblingssänger und wir haben uns oft zusammen seine Lieder angehört. Sie hat mir viel erklärt, was die Schule betraf und wir hatten oft dieselben Ansichten. Ich konnte also mit ihr über Gott und die Welt reden. Sie war auch diejenige, die mir vor meiner Abreise ein kleines Reisepaket für einen schönen Rückflug zusammengestellt hat. Das fand ich sehr lieb von ihr und ich vermisse sie hier in Deutschland.

Der Familienalltag in Texas hat sich sehr von dem meiner eigenen Familie in Deutschland unterschieden. Ich habe sehr genossen, wie spontan die Amerikaner sind. Wenn man also mal keine Lust hatte zu kochen, was häufig vorkam, fuhr man eben schnell zu Peter Piper oder Taco Bell. Was mir jedoch sehr gefehlt hat, war das gemeinsame am Tisch sitzen, wo man sich über den Tag erzählt. Es ist oft vorgekommen, dass ich mir alleine etwas warm gemacht habe und alleine am Tisch saß´, weil die anderen noch keinen Hunger hatten oder gar nicht zu Hause waren. In den USA gibt es auch Dinge, die ich noch nie vorher gegessen oder getrunken hatte, in die ich mich aber geschmacklich sofort verliebt hatte! Das war zum Beispiel ein Softdrink namens Dr. Pepper oder eine typische mexikanische Speise: Burritos, das sind gefüllte Tortilla.

Leider musste ich meine erste Gastfamilie wechseln, weil das Verhältnis zu meiner Gastschwester einfach nicht besser wurde. Ich wechselte zu einer befreundeten Familie meiner Gastmutter, wo ich zwei Monate verbrachte. Ich hatte dort drei Gastbrüder und einen kleinen Beagle. Ich hatte eine sehr gute Beziehung zu meinem jüngeren Gastbruder. Da ich auch in Deutschland eine jüngere Schwester habe, genoss ich das Gefühl, wieder große Schwester zu sein und mich mit jemanden zu beschäftigen. Es war eine sehr religiöse Familie und wir gingen zweimal pro Woche in die Kirche. Ich empfand es als eine sehr reiche Erfahrung, weil die Kirche dort total anders war, als ich sie aus Deutschland kannte, viel größer und pompöser. Am Anfang hat es mir richtig gut getan, mit einer großen Menge von Menschen da zu stehen und zu singen und das Gefühl zu haben, dass jemand für mich da ist. Jedoch fand ich nach einer Weile, dass die Predigt für mich persönlich eher einer Gehirnwäsche glich. Ich habe das aber für mich behalten, um meiner Gastfamilie nicht vor den Kopf zu stoßen. Leider habe ich auch erfahren, wie dramatisierend Amerikaner sein können, denn es gab einen Vorfall in der Familie, bei dem ich als Schuldige deklariert wurde und aufgrund dessen schließlich erneut die Familie wechseln musste. Diese Erfahrung hat mich sehr verletzt. Ich wohnte dann zum Übergang bei meiner area representative, also meiner Kontaktperson, die für mich zuständig war. Ich hatte noch ungefähr zwei Monate bis zu meiner Abreise und war sehr glücklich, dass mich zu diesem Zeitpunkt meine Cousine aus Deutschland besucht hatte und wir zusammen mit ihrem Mann eine Rundreise durch Arizona bis zum Grand Canyon und nach Las Vegas gemacht haben. Die Zeit danach, in meiner neuen Gastfamilie, war dann die ruhigste und angenehmste.

Jetzt bin gerade dabei mein Abi zu machen. Danach möchte ich gern Pilotin werden oder etwas in Richtung Fluglotse oder Luftverkehr studieren. Ich bin nach wie vor ein großer Fan von Reisen und ausländischer Kultur. Ich habe sehr viel gelernt, viel darüber erfahren, was ich selbst einmal machen oder nicht machen würde. Ich weiß jetzt, wie stark ich innerlich bin, was ich aushalten kann und wo meine Grenzen sind. Ich nun viel besser sagen, was ich möchte und was nicht und spreche auch Probleme ehrlicher und gezielter an, um sie nicht eskalieren zu lassen.Auch wenn ich nicht allzu viel Glück mit meiner Gastfamilie hatte, würde ich einen Austausch empfehlen. Es ist eine große Chance innerlich zu wachsen und seine eigenen Fähigkeiten zu erforschen. Es ist eine echte Probe für sich selbst und man kann sehr stolz auf sich sein!