Die reine Wahrheit

Hunter, PPP Austauschschüler aus den USA, hat entdeckt, dass das Leben in Deutschland mehr ist, als Bratwurst mit Senf. Der warmen H-Milch zeigt er die rote Karte, dem Leben hier aber nicht.

In dem Sommer meines 18. Lebensjahres, flog ich nach Deutschland. Zu meinem „Glück“ war es gerade der Anfang einer Hitzewelle. In Bayern, wo ich für den OSK war, waren es 40° und verdammt schwül. Ich stieg aus dem Flugzeug, traf mich mit YFUlern und fuhr mit einem Zug nach Süden. Aus dem Fenster guckte ich gerne. Schöne Landschaft, die dekoriert mit kleinen Häusern war. Kleine Berge, grüne Felder und…Moment. Was war das? Ich sah, „FU*K BUSH“ war auf irgendeinem Bahnwaggon angemalt und ich wusste sofort, dass ich vielleicht besser kanadisch wäre.

Am Münchener Hauptbahnhof hatte ich riesigen Hunger. Meine Güte! Wie viele Kalorien hatte ich vom Schwitzen verbrannt? Ich vertraute mir und den zwei Jahren Deutschunterricht, um mir eine Bratwurst zu kaufen. Laut Vorurteile dachte ich, ich müsste eine Bratwurst mit Senf (weil es in Deutschland keinen richtigen Ketchup gibt…) und Milch (die natürlich warm ist, denn die „Deutschen mögen keine kalten Getränke“…), bestellen. Also, nur um mich daran zu gewöhnen. H-MILCH IST ECKLIG. Darum füttern wir sie nur der Katze. H-Milch wird bei mir für immer „Momo-Milch“ bleiben.

In Deutschland erlebte ich auch mein erstes Mal. So hell und frisch am Kopf, voller Körper, kurvige Figur. Wunderschön. Wir lernten uns durch meine Gastfamilie kennen. Mein Gastvater half mir sogar mit auswählen. Wir bestellten uns Wienerschnitzel und Pommes und saßen gemütlich am Tisch. Der erste Versuch war natürlich nicht gerade so schön. Aber mit solchen Dingen geht es selbstverständlich besser beim zweiten Mal. Na ja. Es war gut, ich war am Ende satt, denn ein Weizen (0,5 L) ist kein kleines Bier für einen ungeübten Amerikaner. Die reine Wahrheit: Ich trank in Deutschland mein erstes Bier.

OSK war zu Ende. Ich fuhr nach Norddeutschland. Gegenüber von Passau an der Grenze mit Österreich, war das für mich ein „Kulturschock“. Wo waren die Bergen und Bäume? Sappi. Es war so „platt“ wie die Sprache. Ich wohnte in Ermke. 720 Einwohner gab es—es gibt mehr Schweine als Menschen. Aber einen schöneren Ort kann ich mir bis heute nicht vorstellen.

Ich sah meine neuen Gasteltern zum ersten Mal und meine Gastmutter (erzählte sie mir später) dachte: „Mensch, wir wollten einen Austauschschüler und keinen Erwachsenen.“ Sie sah meinen damaligen Bart und mein ziemlich altes Gesicht, und das war alles. Eventuell ging der Bart weg, und mein altes Gesicht war nicht SO alt. Eigentlich sei ich sympathisch gewesen.

Ich war schon der vierte Austauschschüler bei meiner Gastfamilie. Das heißt, dass die schon wussten, wie man einen Austauschschüler behandelt. Ganz schnell fühlte ich mich, wie ich zu Hause. Ich integrierte mich so gut, dass ich innerhalb von ein paar Monaten eine FAMILIE hatte. Ich hatte sogar einen „Gastaustauschbrüder“. Liviu aus Rumänien, der erste Austauschschüler, der ein Jahr bei Familie Möller verbracht hatte. Er besucht uns manchmal und telefoniert immer noch regelmäßig. Wenn wir uns unterhalten, sprechen wir über UNSERE Gastfamilie…oder Amerikanische Politik. Typisch, na?

Ich wurde bekannt. Mein Gott, wurde ich bekannt. Ich war Mitglied in der Theater AG, der Musik AG, der Big Band AG und dem Musik Verein. Ich hatte auch die Ehre vorm Bundestag zu reden, bei dem Berlin Seminar für PPP-Schüler. Ich machte auch eine Schiedsrichterprüfung für Fußball mit meinem Gastvater. Das hat Spaß gemacht und ich wurde aktiver Schiedsrichter. Ich zeigte schon einem die rote Karte. Trotz meinem leichten Akzent, nahmen mich die Leute ernst. Zwar fragten sie mich, wieso ich Hunter heiße. Das ist schwer genug auf Englisch zu erklären, und ich glaube, dass keiner versteht (selber ich nicht) warum ich Hunter heiße. Egal! Hauptsache lernte ich viele Leute kennen. Viele tolle Leute.