Stadtwechsel wegen Erdbeben - jetzt unglücklich, einsam, Heimweh...

hallo, und danke fürs lesen…

ich bin jetzt schon seit über 3 1/2 Monaten hier in NZ, habe also schon mehr als die Hälfte hinter mir. Allerdings musste ich meine erste Stadt, Christchurch, wo es mir supergut gefallen hat, und alles wunderbar funktioniert hat (total nette Gastfamilie, tolle Schule, ich hbae direkt Anschluss gefunden), wegen des Erdbebens verlassen und bin jetzt seit ca. 7 Wochen in Auckland. Die vormals (fast schon zu) ideale Situation hat sich fast zum schlimmsten verwandelt, was ich mir vorstellen konnte:
Meine Gastfamilie ist zwar nicht unfreundlich oder so, aber ich hbae das Gefühl, dass die das nur " von Geschäfts wegen" machen (ich habe zum Bsp. drei andere Gastgeschwister, zu denen ich aber kaum Kontakt habe, meine Gastfam hatte schon über 100 Gastschüler, und ich habe total das Gefühl, nur eine unter vielen zu sein). Wir unternehmen nie irgendwelche Familienaktivitäten, das einzige, was wir zusammen machen, ist zu abend essen. Aber die Gastfamilie ist bei meiner Schule sehr angesehen, und das, was mich stört, ist ja auch nicht wirklich etwas, was gegen sie vorbringen könnte, wenn ich wechseln wollte, weil sie so ja eigentlich ganz freundlich sind, und ich auch alles habe(Essen, schönes Zimmer und so). Ausserdem will ich mich nicht schon wieder an eine neue Situation gewöhnen müssen.
Die Schule ist einfach nur riesig, und ich komme mir total verloren vor. Da ich eine extrem schüchterne Person bin, und das Erlebnis in Christchurch mich wirklich mitgenommen hat, fällt es mir unglaublich schwer, auf die anderen Schüler zuzugehen. Noch dazu ist es mitten im Term, und die ganzen Gruppen und Cliquen haben sich schon geblidet, und es ist schwierig, da rein zu kommen, und viele Schüler verhalten sich abweisend. Deshalb verbringe ich meine Pausen meistens alleine, und habe noch nicht annähernd irgendwelche Freunde gefunden, mit denen ich etwas unternehmen könnte, auch, um mich von meinem ständigen, nagenden Heimweh abzulenken. Ich vermisse meine Familie und Freunde so sehr!! Ich habe absolut keine Ahnung, was ich machen soll, und denke darüber nach, abzubrechen, weil ich wirklich nicht glücklich bin. Andererseits war das halbe Jahr wirklich teuer, und ich weiß genau, dass ich absolut kein gutes Gefühl dabei haben würde jetzt aufzugeben, und dass das mich wahrscheinlich noch eine ziemlich lange Zeit nicht verlassen wird, deshalb ist es auch nur die aller-, allerletzte Option, die ich wirklich nicht gerne ergreifen möchte. Aber so möchte ich die nächsten 11 Wochen auch nicht verbringen. Habt ihr irgendwelche Tipps für meine Situation? Nicht nur auf den Abbruch bezogen, sondern generell?

danke schon mal im vorraus,
Marie

Hallo Marie !

Ich war 2009 / 2010 in Neuseeland (Wellington) und es war eine ganz großartige und unvergessliche Zeit für mich und ich finde es so traurig, dass dir deine schöne Zeit in Christchurch sozusagen „weggenommen“ wurde.

Von Christchurch habe ich zwar nur den Flughafen gesehen, aber trotzdem war ich total geschockt von dem Erdbeben. Ich bin bis heute sehr froh, dass es nicht in Wellington passiert ist. Wenn es dort passiert wäre, hätte ich womöglich einen Nervenzusammenbruch gehabt – schließlich ist die Stadt ja sowas wie meine zweite Heimat geworden, ich liebe sie total und kenne außerdem so viele Leute dort, dass ich mir riesige Sorgen gemacht hätte, ob ihnen etwas passiert ist.
Daher kann ich sehr gut verstehen, dass dich die Ereignisse in Christchurch so stark mitgenommen haben. Für dich muss es ja noch viel schlimmer gewesen sein, weil du ja zu der Zeit noch da warst und nicht schon wieder zu Hause, so wie ich.

Ich kann auch verstehen, dass du dich in Auckland so allein fühlst. Ich habe während meiner Zeit in Neuseeland eine Woche dort verbracht und weiß, dass die Stadt riesengroß ist. Da ich aus Frankurt am Main komme, bin ich zwar an Großstädte gewöhnt, aber Auckland ist echt riesig. Offenbar scheinst du daneben auch in der Situation zu sein, dass sich niemand so recht für dich interessiert.

Ich habe nun keinen richtigen Tipp für dich, wie du dich so mitten im Schuljahr besser integrieren könntest. Ich bin auch sehr schüchtern und es fällt mir auch schwer, auf neue Leute zuzugehen, erst recht, wenn sie abweisend sind und schon viele Freunde haben. Dazu kommt, dass in Auckland sicher schon sehr, sehr viele Austauschschüler waren und man nichts mehr „Besonderes“ ist. Es gibt doch sicher einen Lehrer, der für International Students zuständig ist ? Oder sonst einen Vertrauenslehrer oder einfach so ein Lehrer, den du gut leiden kannst ? Vielleicht hast du das schon versucht, aber sonst haben sie vielleicht eine Idee ?
Ansonsten kann ich dir nur raten, trotzdem weiter auf die Leute zuzugehen, auch wenn gerade mitten im Schuljahr sehr schwierig für dich ist, was ich wie gesagt sehr gut nachvollziehen kann. Wenn du z.B. von einem Event hörst, was in Auckland stattfindet, könntest du vielleicht mal jemanden fragen, den du nett findest, ob du mit ihm / ihr bzw. ihm / ihr und seinen / ihren Freunden dorthin gehen könntest ?

Vielleicht könntest du auch versuchen, außerhalb der Schule Leute kennenzulernen ? Klar wäre es in der Schule sehr viel besser, aber das wäre vielleicht besser als gar nichts ? In einer Stadt wie Auckland gibt es doch sicher sehr viele Angebote, vielleicht ist ja was für dich dabei. Ich jongliere zum Beispiel gerne und habe mir deshalb in Wellington übers Internet eine Jongliergruppe gesucht, die sich einmal in der Woche getroffen hat, und habe dort großartige Menschen kennengelernt. Dann könntest du vielleicht am Wochenende einfach Auckland noch mehr erkunden, falls du das noch nicht getan hast ? Ich war zum Beispiel auf dem Skytower (besonders abends hat man einen fantastischen Blick über die Stadt), im War Memorial Museum, im Kelly Tarlton`s Antartic Center und im New Zealand Marine Museum und habe eine Hafenrundfahrt gemacht. In der Innenstadt liegt ja eigentlich alles relativ nah beieinander, sodass man gut hinkommt. Oder wohnst du sehr weit weg von der Innenstadt ?

Da deine Gastfamilie schon über 100 Schüler hatte, haben sie offenbar so ein „Routineprogramm“, das sie jedes Mal wieder durchziehen. Irgendwie klingt deine Beschreibung mehr nach einem Leben in einer Pension als einer Gastfamilie. Ich denke, es wäre sehr schwer, an den Gewohnheiten deiner Familie was zu ändern. Vielleicht könntest du trotzdem mal vorsichtig anfragen, ob ihr mal was unternehmen könnt ? Wahrscheinlich hast du das schon versucht, aber wenn nicht, wäre es vielleicht gut, wenn du für den Anfang einfach fragen kannst, ob du mal mit zum Einkaufen kommen kannst oder so ? So könntet ihr euch vielleicht auch besser kennenlernen und Gemeinsamkeiten entdecken. Wenn es aber absolut nichts bringt und sie sich einfach nicht näher mit dir beschäftigen wollen, musst du entscheiden, ob du mit der Situation leben kannst, oder wieder einen Gastfamilienwechsel anstreben solltest.
Außerdem wäre es vielleicht auch eine Idee, über Internet und Telefon viel Kontakt zu deinen Freunden und deiner Familie in Christchurch zu halten (wenn du das nicht ohnehin schon tust) ? Vielleicht hilft dir das auch ein bisschen.
Ich denke, der Schlüssel zum Erfolg ist es generell, sich Leuten mitzuteilen und Kontakt zu suchen – ob Gastfamilie, Mitschüler, Lehrer oder Betreuer.

Allerdings weiß ich natürlich nicht, wie schlecht es dir tatsächlich geht. Vielleicht bist du so stark von den Ereignissen betroffen, dass du einfach keine Energie mehr hast, dich so sehr „reinzuhängen“ ? Das kannst du natürlich nur selbst wissen. Anhand dessen solltest du dann auch entscheiden, inwiefern es sich lohnt, in Neuseeland zu bleiben, oder ob du wirklich einen Abbruch in Betracht ziehen solltest.
Aber so lange du noch ein bisschen „Licht am Horizont“ siehst und dich nicht so schwach fühlst, dass gar nichts mehr geht, solltest du versuchen, das Beste daraus zu machen.

Ach, du tust mir gerade so leid. Ich wünsche dir trotz allem, dass du deine letzten Wochen in Neuseeland irgendwie doch noch genießen hast und über all den negativen Erlebnissen deine schöne Zeit, die du zuvor in Christchurch hattest, nicht „vergisst“, sondern dich wenigstens daran im Nachhinein erfreuen kannst.

Alles Gute,

Marie-Claire

Hey, ich habe gerade gehört, dass es in Auckland einen Wirbelsturm gab … Hoffe, du warst davon nicht auch noch betroffen !