Hallo,
Ich bin seit 3 Monaten in Frankreich und merke gerade, dass vieles einfach komplett anders ist als ich es aus Deutschland gewohnt bin. Bevor ich hier angekommen bin, habe ich mir viele Gedanken gemacht und mir vorgestellt, wie das wohl alles werden würde. Ich habe viele Male mit meinen Eltern Urlaub in Frankreich gemacht und glaubte, die französische Mentalität und die Menschen verstehen zu können. Aber seit ich hier bin habe ich das Gefühl nie richtig angekommen zu sein. In meiner Klasse hat von Anfang an keiner Interesse an mir gezeigt und ich bin selbst auf die Leute zu gegangen und habe versucht mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Aber sie sehen mich gar nicht und reden auch nicht mir mir. Meine Klasse beteiligt sich fast nie am Unterricht und wenn ich mich dann mal melde, wird gelästert, warum ich denn immer mitmachen muss. Mit einem Mädchen meiner Klasse und ihren Freunden esse ich immer zu Mittag und hin und wieder gehen wir vielleicht mal in’s Kino, aber mehr unternehmen wir nicht. Ich würde es nicht als wirkliche Freundschaft bezeichnen, weil wir uns eigentlich nie unterhalten, ich aber auch keine Themen finde, über die wir reden könnten. Dass man nach 3 Monaten keine Freundschaft für‘s Leben gefunden hat, ist mir natürlich klar, aber zumindest Menschen, mit denen man sich aber und zu mal trifft, was unternimmt oder einfach mal redet, habe ich schon erwartet.
Wenn ich dieses Mädchen aber frage, was sie denn am Wochenende unternimmt, kommt immer die gleiche Antwort: „Nichts besonderes“. Die Kinder meiner Gasteltern wohnen nicht mehr zu Hause und so bin ich die meiste Zeit alleine, weil beide arbeiten und erst abends wieder kommen. Ich langweile mich oft. Und außer, dass ich 3 mal in der Woche rudern gehe, mache ich nicht viel. Da in dem Verein aber nur Jungen in meinem Alter sind, ist es schwierig Anschluss zu finden.
Hinzu kommt, dass meine Gasteltern und ich sehr verschiedene Ansichten von einigen Dingen haben und wir nie was unternehmen, uns unterhalten oder sonstige Aktivitäten zusammen machen. Sie haben sehr strenge Regeln und ich nach 20 Uhr nirgendwo mehr hin, weil es keinen Busmehr gibt. Wir sind uns einig, dass es vielleicht einfach nicht mit uns klappt und ich versuche gerade eine neue Familie zu finden, weil meine Organisation keine Familie für mich hat. Im Moment telefoniere ich ziemlich viel mit meinen Eltern und Freunden in Deutschland, weil ich mich ziemlich allein fühle und mich einfach langweile. Ich habe kein Heimweh, es ist einfach eine Unzufriedenheit, dass ich die 10 Monate meiner Meinung nach bisher so vergeudet habe und es nicht wirklich danach aussieht, dass es irgendwie spannender wird oder ich glücklicher werde.
Ich habe Angst, im Juni wiederzukommen und nur sagen zu können, „ich saß 10 Monate in Frankreich fest, unfähig Freunde zu finden, hatte viel zu viel Kontakt nach Deutschland und war einfach nur unglücklich“. Ich frage mich im Moment wirklich, wofür meine Eltern so viel Geld ausgegeben haben, wenn es mich einzig und allein unglücklich macht und die Zeit verstreicht ohne dass ich wirklich Spaß habe, vom „tollsten Jahr meines Lebens“ mal gar nicht zu sprechen. Ich denke nicht daran abzubrechen, dafür ist das alles hier viel zu sehr mein Traum gewesen, aber ich weiß nicht mehr, warum ich das eigentlich alles machen wollte. Von meiner Mutter kriege ich bei den Telefonaten nur immer wieder zu hören, wofür sie das ganze Geld ausgegeben hat, wenn ich doch nur unglücklich bin und nicht vorwärts komme. Und ob es normal sei, dass ich so oft anrufe. Dann denke ich an die anderen Austauschschüler in Frankreich, die alle tolle Freunde, hunderte Fotos bei Facebook und ganz viel Spaß haben und alles einfach perfekt ist.
Ist jetzt ein bisschen lang geworden, aber so habe ich mir mal alles von der Seele schreiben können.
Macht ihr gerade ähnliche Erfahrungen oder ist bei euch auch alles perfekt?
Was kann ich an meiner Situation ändern um es doch noch zu schönen 10 Monaten machen zu können?
lg Pia