mädels, nehmts mir nicht böse, aber typen wie ihr macht mich echt fertig. Ich weiß, ihr erwartet euch eh schon diese Antwort mit dem „du hast die Chance nur einmal“ (wurde ja schon geschrieben), aber wenn ihrs eh wisst, dass ihr die chance nur einmal habt, dann sag ich euch ja nichts Neues. Ich war auch mal Austauschschüler, und hab seither viel mit anderen Austauschschülern zu tun, also ich denke ich hab ein bisschen Ahnung was ihr durchmacht. Andererseits bin ich auch schon älter und außerdem kein Mädchen und verstehe deshalb leider nicht, was so schlimm daran ist, einmal Weihnachten nicht mit den Eltern zu verbringen. Insbesondere wenn man dort andere Menschen hat, die sich um einen kümmern.
Na jedenfalls, hier mein Rat:
Ich würde euch raten, erst mal an eure Gastfamilien zu denken! Ich hab viel mit Austauschschülern und rinnen zu tun, und hatte erst letztes Jahr so einen Fall, wo eine Gastschülerin aus Südamerika, ähnlich wie ihr, länger hierbleiben musste, als sie anfangs wollte (wegen ihrer Mutter, Geldsache und so). Als die Gastfamilie rausgefunden hat, dass sie eigentlich nur als Hotel für ein paar Monate genutzt werden hätten sollen waren die komplett zerstört und natürlich auch auf die Organisation etwas schlecht zu sprechen. Die wollten ihr nämlich echt was geben und ihr Freude bringen und sie hat das Null interessiert, weil sie eh nie so lang dableiben wollte und auch davor nicht wirklich interessiert war. Weil sie nicht interessiert war, hatte sie keinen Kontakt mit leuten in der Schule, keine Freunde, Fadesse, die übliche Story, wenn man sich nicht einsetzt und nicht von zu Hause lösen kann. Die Gastfamilie hat jedenfalls gelitten und wenn ich das hier verhindern kann, ist mir das diese Antwort wert.
Also ihr habt in meinen Augen zwei Möglichkeiten, welche beide ein systematisches Vorgehen verlangen:
-
Ihr wollt die 5 Monate durchziehen.
-
Ihr wollt vor Weihnachten heimfahren und sagt das der Familie (so schnell wie möglich).
Nur eines solltet ihr nicht (außer ihr denkt nur an euch selbst und die Familie und Orga ist euch egal): Vor Weihnachten heimfahren wollen und nichts der Familie sagen. Das Wollen macht schon den Betrug aus, nicht das aktuelle Heimfahren vor Weihnachten (so sehe ich das zumindest).
ad 1) systematisches Vorgehen für diesen Fall („wie werdet ihr das Heimweh los“):
- erst einmal durchatmen und nochmal genau überlegen, ob ihr das wirklich durchziehen wollt.
- Mit der Gastfamilie drüber reden wie es euch geht, und dass ihr eigentlich nie so lange bleiben wolltet und deshalb früher heim wolltet, aber ihr habt jetzt trotzdem vor länger zu bleiben, weil euch die Familie und ihr Leben interessiert. Ich kann euch leider nicht sagen, wie die dann reagieren wird, aber ich schätze sie werden sich freuen dass ihr so ehrlich seid. Weiters verstehen sie euch wahrscheinlich besser und lassen euch sicher mehr an sich teilhaben, wenn sie merken, dass ihr ihnen auch so weit vertraut, dass ihr ihnen das gesagt habt.
- Ihr löst den Kontakt mit zu Hause, so weit, dass ihr nicht mehr genau wisst, was eure Eltern gerade tun.
- Ihr trennt euch vom Internet (außer ihr chattet mit leuten dort drüben). Wenn ihr facebook habt (oder ähnliches) und das für Freunde drüben benötigt macht ihr einen neuen Account, ohne deutsche (oder österreichische) Kontakte. Die erinnern zu sehr an zu Hause. Dieses Forum schaut ihr euch gar nicht mehr an, weil eh keiner hier weiß, wie die Situation bei euch genau aussieht. Das müsst ihr selbst bewerten oder ihr redet mit der Familie oder der Organisation dort. Alles andere erinnert euch nur an zu Hause und das wollt ihr nicht.
- Ihr löst den Kontakt mit eurer Familie zu Hause weiter. Einmal anrufen in zwei Wochen sollte genügen, um euren Eltern klarzumachen dass ihr lebt und dass es euch gut geht. Wenn ihr ihnen vorher sagt, dass das notwendig ist, um sich dort zu integrieren, dann werden sie es sicher verstehen, wenn ihr nicht jeden Tag anruft.
- (gilt auch schon zu Beginn) Ihr interessiert euch für eure Umwelt, dort wo ihr gerade seid. Ihr geht auf Leute zu, interessiert euch für eure Gastfamilie und auch für deren Probleme und Problemchen (natürlich mit etwas Feingefühl, ihr wollt die Gastfamilie ja nicht vor den Kopf stoßen). Somit werdet ihr Teil der Familie, die sich auch aktiv an Probleme und Gesprächen darüber beteiligen kann. Ihr merkt dann, dass es auch anderswo ein echtes Leben gibt als zu Hause und könnt euch durchaus vorstellen, mit diesen Leuten, statt mit euren eigenen Eltern zu Hause Weihnachten zu feiern (was ihr eh nächstes Jahr wieder machen werdet).
- Ihr seid dort über Weihnachten und freut euch, einmal ein anderes Weihnachten gesehen zu haben.
- Ihr seid noch über Neujahr dort und freut euch noch mehr, einmal ein anderes Neujahr erlebt zu haben.
- Ihr fahrt nach Hause, wissend dass ihr jetzt alle wiedersehen werdet und sie noch genauso aussehen und denken wie vor zwei Monaten. Im Ausland habt ihr gute Freunde, vielleicht eine zweite Familie gefunden.
ad 2) systematisches Vorgehen in diesem Fall:
- erst einmal durchatmen und nochmal genau überlegen, ob ihr wirklich früher heimwollt.
- Konsequenzen überlegen. Könnt ihr eventuell gleich heimgeschickt werden? Wie schätzt ihr eure Gastfamilie ein? Wird sie das verkraften, oder euch sogar unterstützen? Überlegungen, wieviel Geld ihr dann in den Wind setzt könnt ihr bleiben lassen… wenn ihr heimfahren wollt, dann ist es jetzt auch schon zu spät.
- Mit der Gastfamilie drüber reden wie es euch geht, und dass ihr eigentlich nie so lange bleiben wolltet und deshalb früher heim wollt. Ich kann euch leider nicht sagen, wie die dann reagieren wird. Aber unter der Annahme, dass sie damit rechnen, dass ihr 5 Monate dort seid, haben sie eventuell schon den einen oder anderen Plan, vielleicht Ausflüge geplant, vielleicht freuen sie sich schon sehr auf Weihnachten mit euch… da wäre ein Nicht-Sagen einfach nicht fair, denke ich. Keine Ahnung ob ihr dann eventuell Probleme mit der Familie kriegt, aber meiner Meinung nach währt Ehrlich am längsten.
- Das beste aus den kurzen 3 Monaten machen.
- Hoffen, dass euch der Freund nicht noch vor Weihnachten den Laufpass gibt, weil er eine andere gefunden hat (die ist zu Hause), und damit nicht nur euer Weihnachten, sondern auch euren Auslandsaufenthalt zerstört hat.
- Weihnachten zu Hause mit der Familie feiern. So wie immer. In ein paar Jahren, wenn ihr älter seid, werdet ihr noch daran zurückdenken, wie ihr jedes Jahr gemütlich um den Weihnachtsbaum gesessen seid und alles schön war, zu Hause bei Mama. Und an dieses Jahr könnt ihr euch ganz spezifisch erinnern. Weil es war so besonders. (NICHT!)
Also erst mal selber nachdenken. Dann mit der Gastfamilie reden. Dann weiterschauen, was passiert. Viel Glück und Liebe Grüße.