Hallo !
Es ist vollkommen NORMAL, dass die ersten Wochen schwer sind. Es ist kein bisschen ungewöhnlich. Die erste Zeit ist schwer, das kennen wir alle, einige mehr, andere weniger.
Ich konnte mir am Anfang auch nicht vorstellen, ein halbes Jahr in Neuseeland zu bleiben. Wegen des langen Fluges ging es mir vor allem körperlich anfangs sehr schlecht und alles war so ungewohnt und verwirrend. Ich habe zwar zu keiner Zeit auch nur ansatzweise über einen Abbruch nachgedacht, aber trotzdem war die erste Zeit schwer für mich, was aber völlig normal ist.
„Ich hab mir mein Austauschjahr besser vorgestellt, die sachen die man mir erzählt hat würden dann doch nicht war.“
Erstens ist jedes Austauschjahr anders und verläuft anders. Dinge, die andere erlebt haben, müssen nicht eintreten, es ist dein Jahr und nicht ihres. Und zweitens bist du erst zwei Wochen (!) da, wie kannst du dann sagen, du hättest dir dein Austauschjahr besser vorgestellt ? Du hattest ja noch gar keins. Nur der Anfang ist eben anders, als andere dir berichtet haben, was völlig normal ist.
Vielleicht haben die Berichte anderer auch falsche Erwartungen in dir geweckt ? Oder du bist generell mit einigen falschen Erwartungen an die Sache herangegangen.
„Ich finde hier keine freunde, Ich rede ab und zu mit jemanden aber wirkliche freundschaft wird da nicht raus. Ich bin für die finnen nur ein kleiner smaltalk.“
Es ist absolut normal, dass du nach so kurzer Zeit noch keine Freunde gefunden hast. So etwas braucht sehr viel Zeit. Ich habe auch eine ganze Weile gebraucht in Neuseeland, bis ich die richtigen Leute getroffen habe. Und selbst dann hat es lange gebraucht, bis es richtige Freunde waren.
Bei dir kommt vermutlich auch die Sprache dazu ? Oder sprichst du schon fließend Finnisch ? Damals bei einem kurzen Schüleraustausch nach Spanien mit der Schule konnte ich auch kaum Spanisch und habe mich sehr allein gefühlt. In den ersten Tagen ging es mir richtig schlecht, aber dann wurde es besser und nun ist es eine der schönsten Erinnerungen meiner Schulzeit für mich.
„Deshalb hab ich mit meiner Tante überalles gesprochen. Wir hatten die vereinbarung, noch 2wochen und dann weiter schauen. Meine mutter wiederum sagt ich bleibe bis zum herbst.“
Zwei Wochen (!) sind viel zu kurz, um danach über einen Abbruch nachzudenken. Gib dir mehr Zeit !
„Ich wünschte ich könnte in mein altes Leben zurück.“
Diesen Gedanken haben ganz viele Leute irgendwann man während ihres Austauschjahres.
Das ist völlig normal.
„Mir ist es egal ob mich jemand auslacht weil ich nur so kurz hier war. Ich mach das doch für mich, und ich bin stolz darauf wenn ich das geschafft habe.“
Du hast Recht, es ist keine Schande, abzubrechen. Aber vorher sollte man alles versucht haben, zunächst dort, wo man gerade ist.
Und wenn gar nichts mehr geht, solltest du doch zuerst über einen Gastfamilienwechsel und Schulwechsel nachdenken, bevor du abbrichst ? Abbruch ist das allerletzte Mittel. Hier im Forum findest du viele Beiträge von Leuten, denen es anfangs schlecht ging und die sich dann sehr gut eingewöhnt haben, und von Leuten, denen es nach einem Wechsel viel besser ging.
Wie verstehst du dich eigentlich mit deiner Gastfamilie ? Du schreibst, dass deine Schule dir nicht gefällt, aber über deine Gastfamilie schreibst du nichts. Wie verstehst du dich mit ihnen ? Interessieren sie sich für dich und interessierst du dich für sie ? Haben sie dir schon die Gegend gezeigt ? Verbringt ihr viel Zeit zusammen und redet viel miteinander ? Vor allem: Wissen sie, wie es dir geht ? Versuchen sie, dich zu unterstützen ?
Und wie gefällt dir dein Wohnort ? Was gibt es dort zu unternehmen (Museen, Kino, Sport, Parks etc.) ? Gibt es Jugendtreffs, wo du vielleicht noch andere Leute kennenlernen kannst als in der Schule ?
Wenn ich mal davon ausgehe, dass Gastfamilie und Wohnort für dich okay sind, kann ich dir nur raten: Von Selbstmitleid wird die Sache nicht besser. Setz dich mit deiner Umgebung auseinander, erkunde deinen Wohnort und was du dort vielleicht machen könntest und wo du vielleicht neue Leute kennenlernen könntest. Rede viel mit deiner Gastfamilie, interessiere dich für sie, unternimm was mit ihnen, stell ihnen viele Fragen.
Wenn du noch keine Kontakte geknüpft hast, such dir selbstständig Beschäftigungen. Schreib vielleicht auch Tagebuch, das hat mir auch geholfen in Neuseeland am Anfang. Oder nimm dir ein Blatt und schreib dir nochmal deine Gründe auf, weshalb du das Austauschjahr wolltest. Es war sicher ein großer Traum für dich ? Vielleicht kannst du so deine Motivation auffrischen.
Schaue, welche Angebote es vielleicht in der Schule noch gibt (Sport, andere Nachmittags-programme etc.).
Du schreibst gar nichts davon, was all die Leute um dich herum zu deiner Situation sagen. Wissen sie alle nicht, wie es dir geht ? Wenn du Probleme hast, wende dich damit an deine Gastfamilie, die Betreuerin deiner Organisation, den Vertrauenslehrer an der Schule etc., aber ruf nicht ununterbrochen zu Hause an. Deine Familie ist nicht bei dir, sie kann die Situation nicht einschätzen, sie kann dir viel weniger helfen, als die Leute vor Ort.
Entdecke die positiven Dinge um dich herum, auch wenn es dir im Moment schwer fällt - was, wie gesagt, absolut normal ist. Und wenn doch gar nichts mehr geht, kannst du wie gesagt einen Gastfamilienwechsel anstreben. Abbruch sollte die allerletzte Lösung sein. Wenn es dazu kommt, ist es eben so, aber dann solltest du wirklich alles versucht haben. Und nicht nach zwei Wochen schon aufgeben.
Abschließend kann ich dir nur raten: Gib nicht jetzt schon auf. Es ist absolut normal, dass die erste Zeit dir schwerfällt. Gib dir mehr Zeit !
Nimm die Sache in die Hand und versuche, dein neues Leben aktiv wahrzunehmen.
Denk daran, du wirst noch unzählige Jahre in Deutschland verbringen. Dieses Jahr dagegen kommt nur einmal.
Ganz wichtig: Vergleich dich selbst nicht mit anderen und dem, was sie dir erzählt haben über das Austauschjahr. Dein Austauschjahr ist das, was du daraus machst !
Alles Gute,
Marie-Claire