Gastfamilie

Hallo,
ich bin neu hier und hoffe dass ich HILFE bekommen kann. Meine Tochter (14) nimmt ab August diesen Jahres an einem Austauschjahr in den USA tei. Dieser Wunsch kam ganz von ihr alleine nach den letzten Sommerferien. Seitdem hat sie nur dieses eine Ziel. Sie hat sich kämpferisch dafür eingesetzt und alles getan um daran teilnehmen zu können. Hat sich in eine Organisation gekümmert. Hat Zeitungen ausgetragen und den Babysitter gemacht um Geld dazu beizutragen, hat sich eigentlich nur noch mit diesem Thema beschäftigt und wurde dabei natürlich immer von uns begleitet und unterstützt. Seit gestern ist ihre ganze Welt aber zusammen gebrochen. Sie weint ständig und ist total unglücklich! Gestern kam der Anruf und die email ihrer Gastfamilie. Nur ist es keine Gastfamilie. Es ist eine alleinstehende Frau (Mitte 50). Sie nimmt wohl noch ein Kind aus der Tschejeslowakei auf. Ich habe lange Gespräche heute Nacht mit meiner Tochter geführt. Sie hat es mir so erklärt: Bei dem Bild dieser Frau kommt nichts bei ihr rüber, im Gegenteil sie fühlt sich unwohl. Der Ort liegt in einem winzigen Dörfchen nur mit Farmen. Die High-School hat nur eine Hand voll Schüler. Egal was sie sich anschaut, alles kommt ihr unsympathisch rüber! Sie sagte, Mama wenn nur eines stimmen würde, dann wäre es Ok und ich hätte was worauf ich mich freue. Aber hier stimmt nichts! Ich glaube auch, das größte Problem ist die fehlende Familie! Sie möchte unbedingt ihr Jahr antreten. Sie sagt aber auch knallhart, da gehe ich kaputt, ich habe Angst!!! Was soll ich tun. Ich sehe gerade dabei zu wie schlecht es ihr geht und es scheint keine Lösung zu geben. Ich mache mir große Sorgen. Man bezahlt soviel Geld, gibt das kostbarste her was man besitzt, muss Mann da einfach so alles hinnehmen? Diese… oder du hast Pech??? Jetzt kommt noch ein Problem dazu was ich habe… Diese Dame arbeitet für die CIEE und ist Ansprechpartner bzw. Betreuer für die Austauschschüler. Meine Tochter soll natürlich jemand anderes bekommen. Aber wie objektiv sind sie denn dann wenn meine Tochter Probleme mit jemanden aus den eigenen Reihen hat?!?

Nein, hat sie noch nicht.
Ich bin eigentlich auch deiner Meinung und es war ja auch klar dass alles passieren kann, das wusste sie. Nicht umsonst hat sie alle Szenarien durchgespielt. Pro und Contra-Listen gemacht. Aber sollte man sich nicht freuen? Das hat sie bis gestern. Wir haben die Adresse mal gegoogelt und festgestellt dass das Haus / der Hof ganz weit ab von allem liegt, ganz allein auf weiten Feldern. Soll also heißen, mit einer älteren Frau, draußen alleine, keine Nachbarn, keine anderen Familienmitglieder. Was ist in den Ferien? Am Wochenende? Diese Frau arbeitet von 7.00 - 17.30 Uhr und hat manchmal Wochenende-Dienst. Soll dass das Azstauschjahr werden um das amerikanische Familienleben kennenzulernen? Das kann nicht sein. 1 Jahr ab von allem? Und das größte Problem finde ich, ihre Tochter ist eine von CIEE! Wie objektiv werden die sein, wenn meine Tochter nach 2 Wochen wechseln möchte? Für mich sieht dass so aus: Mama ist da alleine im nirgendwo, der geben wir mal Gesellschaft. Meine Tochter hatte doch gar keine Chance in eine ganz normale Familie zu kommen. Warum sollte sie hier aus ihrem Alltag weggehen um 1 Jahr alleine mit einer Dame zu leben? Sei mal ehrlich, würdest du dich da noch freuen?!? Es steht eigentlich fest dass sie das ablehnt. Aber was ist dann mit ihrem Traum? Hier ist alles eingefädelt mit der Schule usw. Soll sie jetzt einfach weitermachen? Ich finde das ganze einfach nicht fair!!!

Zumindest werde ich meine Bedenken bzgl. des Verwandtschaftsverhältnisses äußern. Danke Dir erstmal für die Aufmunterung! Ich wünsche Dir eine tolle Zeit in Norwegen.
LG
P.S. Toller Blog :+1:

Also erstmal möchte ich sagen, dass ich am Anfang auch nicht sonderlich begeistert war von meiner Gastfamilie und jetzt geht es mir hier super! Ich wohne in Irland im Nichts, anders kann man es nicht sagen. Ohne ein Auto komme ich hier nicht weg. Aber ich kann zB bei den Nachbarn reiten gehen oder joggen/spaziern und meine Gasteltern wissen auch, wo sie leben. Die sind dran gewöhnt, Leute durch die Gegend zu fahren. Es ist schon eine Einschränkung, aber die kostet mich nicht meine Freude. Bezüglich der Lage anhand Google: Die Google-Bilder sind oft mehrere Jahre alt, also wer weiß, wer da mittlerweile in der Nähe Häuser gebaut hat und was es vlt für Busverbindungen gibt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es erstmal gruselig wirkt, bei einer alleinstehenden Frau im Nichts zu wohnen, aber man sollte es auf jeden Fall mal ausprobieren. Vielleicht ist sie ja super nett und kümmert sich toll? Ich hab mein Haus damals gar nicht auf Google gefunden (mittlerweile weiß ich, das es daran liegt das die Postboten hier einfach die Leute kennen und wissen, wer wo wohnt), das war auch nicht grade aufmunternd.
Zu der Schule: Meiner Meinung nach ist eine kleine Schule das Beste! Meine Schule hat maximal 200 Schüler, in meinem Jahrgang sind wir 32. Das Tolle ist, man schließt auch jahrgangsübergreifende Freundschaften und kennt schnell viele Gesichter und Namen, die man aufgrund der Größer schnell findet, wenn man Hilfe braucht. Auch das Verhältnis mit den Lehrern ist super. Alle kennen mich und wenn ich Hilfe brauche muss ich nicht erst lang und breit erklären wer ich bin und was ich will. Mir ist es, vor allem am Anfang, oft passiert, dass die Lehrer auf mich zu gekommen sind und gefragt haben, wie es mir gefällt und wie ich mich einlebe, ob alle nett zu mir sind usw.

Ich verstehe, dass deine Tochter, die so viel für ihrem Traum getan hat, langsam Zweifel bekommt.

Es wird konkret und sicher hatte sie Bilder im Kopf und Vorstellungen bzw Erwartungen, wie ihre Zeit in den USA aussehen wird oder sollte.Die Bilder, die sie nun vor sich hat, entsprechen nicht ihren Träumen und Erwartungen.

Meine Tochter ging mit 14 nach El Salvador, wir haben das privat organisiert, nachdem sie ihrem USA Traum abgebrochen hat (Bewerbung lief schon, aber dann kam unsere tolle Gastschülerin aus Mittelamerika zu uns!!! Ich bin sehr froh darum, es hätte keine bessere Erfahrung werden können!). Einige Wochen später ist sie bereits zur Gastfamilie unserer Gasttochter geflogen. Sie hatte ebenfalls ein Bild von ihrem Auslandsjahr (USA High School, Sport, American Way of Life, etc.etc.etc), dies aber innerhalb von Wochen verworfen und sie hat in einem der gefährlichsten Länder der Welt gelebt. Es war eine unbeschreiblich tolle und wertvolle Zeit für sie.

Was ich damit sagen will: wir kannten die Gastfamilie durch skype und Erzählungen und vor allem durch unsere Gasttochter, wir hatten uneingeschränktes Vertrauen. Unsere Familien sind noch heute, 8 Jahre später, verbunden.

Deine Tochter ist noch relativ jung. Auch 14. Alles muss immer früher stattfinden und manches Mal weiß man nicht, ob die Kinder dem allem schon gewachsen sind, wenn echte Probleme auftreten (es gibt ja noch keine, aber bereits jetzt hat Deine Tochter Zweifel). Glaubt sie, in einer klassischen Familie erginge es ihr besser? Warum? Kann sie mit Konflikten und Entscheidungen bereits so umgehen wie es ein Auslandjahrjahr erfordert?

ich sehe nichts Negatives: Sie hätte eine Gastschwester aus einem anderen Land, was oft eine Bereicherung ist. Die Kinder der eigenen Gastfamilie unternehmen oft garnicht so viel mit den Gastgeschwistern, da sie selbt ja bereits eingebunden sind in ihren Alltag und ihren Ablauf oft garnicht anpassen wollen in dem Alter.

Sie hätte „nur“ oder glücklicherweise eine erfahrene Gastmutter, zwar keinen Gastvater. Die Gastschwester aus Europa ist vermutlich im ähnlichen Alter, wenn sie sich gut verstehen, perfekt.

Eine kleine Schule finde ich persönlich gut, vielleicht besser als riesige unpersönliche Schulen mit Massen von Schülern in einem fremden Land. Leichter, Kontakte zu knüpfen…integriert zu werden.

Ich habe das Gefühl, bei deiner Tochter spielt nun langsam auch die Angst mit, dass es konkret wird und sie wirklich alles Vertraute hinter sich lassen wird und etwas ganz Neues auszuprobieren, das sich in allem von dem unterscheidet, was sie erwartet hat und gewohnt ist. Aus den geträumten Bilder wird Realität. Und Traum und Wirklichkeit sind oft nicht identisch. Zweifel vor so einem Jahr und Ängste sind auch normal. Bisher konnte sie viel aktiv machen und vorbereiten, nun muss sie sich auf Gegebenheiten einstellen und annehmen, was auf sie zukommt.

Ein Auslandjahr ist ein Abenteuer und man braucht viel Mut und Offenheit für ein ganz anderes Leben. In dem jungen Alter schon eine große Herausforderung.

Ich kann dir nicht wirklich helfen, ob es gut oder nicht so gut für deine Tochter ist, den Vorschlag anzunehmen. Ich weiß nur, dass ich im Bekanntenkreis gerade mit USA schon einige Gastfamilienenttäuschungen und Wechsel mitbekommen habe. Und zwar in klassischen Vater/Mutter/Kinder Familien, wo es keine Harmonie gab oder Eheprobleme oder sonstwas.

Deine Tochter wird sich auf viel Neues einstellen müssen. Aus den bunten Broschürenfotos und durchgängig lachenden jungen Menschen in perfekten Auslands-Familien werden ganz normale Alltagsbilder.

Vielleicht beginnt der Neuanfang schon jetzt mit der Vermittlung. Das Gute ist, sie ist betreut und kann auch immer nach Hause zurück, wenn alle Stricke reißen. Sie hat ja Euch.

Ich wünsche Euch alles Gute bei der Entscheidung und vor allem deiner Tochter viel Glück und Positives im Auslandsjahr.

Ein Versuch ist es doch wert.

Wenn möglich, könnt ihr ja mal zu ihrer „Gastmama“ Kontakt aufnehme und fragen ob es z.B eine Nachbarin; Cousin… in ihrem Alter gibt?