Erfahrungsbericht einer Gastfamilie mit brasilianischer Austauschschülerin

Liebe zukünftige Gastfamilien,

ich möchte von unseren Erfahrungen als Gastfamilie mit einer brasilianischen Austauschschülerin (17 Jahre) berichten. Vielleicht können unsere Erfahrungen anderen Gasteltern als Entscheidungshilfe dienen. Wir hatten zuvor noch nie eine(n) ATS und würden nun bei einer Auswahl ganz anders verfahren als zu dem Zeitpunkt, zu dem wir uns für unsere ATS entschieden haben.

Kurz vorab: unsere ATS ist nach 6 Wochen wieder ausgezogen, da sich die Vorstellungen eines gemeinsamen Zusammenlebens so deutlich voneinander unterschieden, dass eine Fortführung des Austausches keinen Sinn gemacht hätte, obwohl wir einander gut leiden konnten.

Wir sind ein berufstätiges Ehepaar Mitte 40, ohne Kinder, mit Haustieren und wohnen in der Nähe von Düsseldorf, aber etwas ländlicher gelegen. Unsere ATS hatte ein eigenes Zimmer mit Bad im Dachgeschoss, mein Mann und ich unser Zimmer und Wohnzimmer, Küche, Bad etc. im Erdgeschoss. Unsere ATS war 17 Jahre alt, Brasilianerin (mein Mann ist auch halb Brasilianer), hatte in Brasilien ebenfalls einen Hund und hat laut ihrer Beschreibung unsere Interessen geteilt (Kunst, Malen und Lesen bei mir, Fotographie bei meinem Mann). Sie sprach fließend Englisch, aber leider kein Deutsch. „Nicht so schlimm“, dachten wir, sie geht ja in die Schule, da lernt sie es. Sprachkurse gab es in unserer Nähe leider nicht für Anfänger. Der einzige, den es gab, fand zu einer Zeit statt, in der sie Schule hatte. Sie ging auf ein Gymnasium vor Ort mit internationaler Ausrichtung, das ich selbst kannte und ausgesucht hatte, da ich dort schon eine AG geleitet habe. Ich hatte mich sehr auf sie gefreut und sie nahm gleich am ersten Wochenende ihres Aufenthaltes an unserer kirchlichen Hochzeit teil.

Das Positive: unsere ATS war ein liebes Mädchen, hat im Haushalt mitgeholfen und war freundlich zu unseren Hunden, die sie im Gegenzug sehr geliebt haben. Sie war sehr intelligent und fleißig in der Schule, sofern es mögich war (d.h. in den englischsprachlichen Kursen, in den deutschsprachlichen ging es nicht).

Das Negative: Sie war komplett unselbständig, erwartete von uns, alle ihre Pflichten für sie im Kopf zu behalten (das ging vom Führen ihres Heftes für die Schule für Krankheitszeiten bis zum Termin beim Ausländeramt), sie an alles zu erinnern, alles für sie zu organisieren, etc., so dass sie nur noch wie ferngesteuert auf Anweisung handeln musste. Ihre Mutter war eine Helikopter-Mutter, die ihr alles - wirklich alles - abnahm. Das erwartete unsere ATS nun auch von uns. Taten wir es nicht, wurden sämtliche Termine vergessen. Sie war auch sehr unachtsam. Sie hat in den 6 Wochen, in denen sie bei uns war, ihren Pass und unsere Haustürschlüssel verloren und mehrfach ihr Portemonnaie irgendwo liegen lassen. Wenn sie dann kein Geld für den Bus dabei hatte (das Geld war im Portemonnaie, das sie zu Hause vergessen hatte), rief sie an und ich sollte sie abholen. Ihre Mutter schickte mir am Tag mehrere Whatsapps, was ich in Bezug auf ihre Tochter zu tun und zu lassen hätte. Das machte mich wahnsinnig. Unsere ATS war im Gegensatz zu uns sehr bequem und machte sich nicht die Mühe, auf andere zuzugehen. Sie blieb lieber allein in ihrem Zimmer („I am lazy today“), schaute brailianische Telenovelas oder skypte mit ihren Eltern und Freunden in Brasilien.

Ich wiederum bin früh zur Selbständigkeit erzogen worden und war selbst als 17-jährige ATS in den USA, wobei mir nicht im Traum eingefallen wäre, von meinen Gasteltern zu erwarten, mir alles abzunehmen und für mich alles im Kopf zu haben. Außerdem hatte ich damals alles amerikanische eingesogen wie ein Schwamm, hatte in der Schule schnell Freunde gefunden (allerdings sprach ich auch fließend Englisch) und nur ganz gelegentlich bei meinen Eltern angerufen, um mal ein Lebenszeichen von mir zu geben. Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass das umgekehrt ähnlich laufen würde.

Ich hatte mir die ersten 4 Wochen für die Eingewöhnung unserer ATS frei genommen, habe sie in der Schule angemeldet, mit ihr den Schulweg geübt (eine Woche jeden Tag mit Fahrrad oder Auto), Behördentermine vereinbart, ihr einen Kunst- und Tanzkurs rausgesucht, viele Dinge mit ihr unternommen etc…

Meine Erwartung war, dass sie - nachdem ich alles für sie eingetütet hatte - anschließend allein weiterlaufen würde. Dachte ich. War aber nicht so.

Mit dem Bus und Fahrrad zur Schule / zurück verirrte sie sich regelmäßig, trotz des Übens. Dann rief sie an, ich sollte sie abholen. Sie erwartete, dass ich ihr den Kunst- und Tanzkurs nicht nur heraussuchte, sondern sie dort auch hinbrachte (500 Meter von ihrer Schule entfernt) und vorstellte bzw. anmeldete - und die Organisation der Bezahlung übernahm, im übrigen auch für ihr Schülerticket für den Bus, denn sie hatte ja kein deutsches Konto und Barzahlung wurde nicht akzeptiert. Man kann allerdings ohne die persönliche Anwesenheit der leiblichen Eltern (die ja in Brasilien waren) in Deutschland kein Konto für Minderjährige eröffnen. Wusste ich vorher auch nicht und die Organisation hatte auch keine Lösung. Unsere ATS selbst kümmerte sich um nichts Organisatorisches mit der Begründung, sie verstünde ja kein Deutsch und wüsste auch nicht, was sie machen solle. Zu Hause habe sich mmer ihre Mutter um solche Dinge gekümmert. Sie sagte zum allem nur „I don’t know“ - damit war für sie der Fall erledigt und ich sollte mich dann bitte kümmern. Nun habe ich aber nicht eingesehen, mir noch länger als 4 Wochen frei zu nehmen, nur um ihr alles abzunehmen, zumal sie in ihrer Freizeit lieber brasilianische Telenovelas schaute als ihre Nase mal in ein Deutschbuch zu stecken. In den USA hatte ich als ATS die meisten Dinge selbst gemanagt.

Die Erwartungshaltung seitens unserer ATS war darüber hinaus, dass nicht nur mein Mann und ich, sondern auch alle anderen sich um sie zu kümmern hätten. Sie beklagte sich z.B., dass die Schüler in der Schule sie nicht einbeziehen würden, gab sich aber ihrerseits keine große Mühe. Sie dachte, alle würden sie jubelnd empfangen. Vielleicht ist das in Brasilien so, in Deutschland ist es anders. Da ist man „die Neue“ und muss sich schon selbst bemühen. Außerdem fand sie es „gemein“, dass die anderen Schüler in ihrem Beisein kein Englisch sprächen - schließlich würden alle Englisch beherrschen. Die anderen Schüler/innen würden ihr zwar Fragen auf Englisch beantworten, dann aber wieder miteinander deutsch sprechen. Als ich ihre erklärte, dass es für deutsche Schüler/innen ganz normal sei, sich auf ihrer Muttersprache zu unterhalten, sagte sie, das fände sie von den anderen Schülern/Schülerinnen aber sehr unhöflich ihr gegenüber, denn so würde sie ja nichts verstehen und ausgegrenzt. Auch den Sekretärinnen der Schule gegenüber hatte sie eine entsprechende Erwartungshaltung. Wenn sie eine Frage hatte, sprach sie sie direkt auf Englisch an und erwartete, dass die Damen ihre Probleme lösen würden. Beispiel: ein Kurs fand in einem anderen Raum statt als angekündigt. Das entsprechende Schild an der Tür konnte sie nicht verstehen, also fragte sie im Sekretariat nach. Soweit so gut, aber sie versuchte nicht einmal, ihre paar Brocken Deutsch, die sie mittlerweile gelernt hatte, einzusetzen, sie legte direkt auf Englisch los und erwartete dann auch noch, dass eine der Damen sie zum neuen Kursraum begleitete. Denn nur anhand der Raumnummer den Kursraum zu finden war zviel für sie. Laut der Sekretärinnen wurde sie dann auch noch schnippisch.

Insgesamt hatte unsere ATS also eine ausgepräte „Dienstleistungsmentalität“. Nach ihrer Auffassung waren alle dazu da, es ihr recht und angenehm zu machen. Wahrscheinlich war sie es von zu Hause so gewöhnt.

Als ich ihr irgendwann sagte, dass sie mit 17 fast erwachsen sei und kein Kind mehr, dem man alles abnähme, sagte sie, sie sei immer schon verträumt und unselbständig gewesen, aber das sei noch nie ein Problem gewesen. Für mich und meinen Mann war es das aber. Wir waren davon ausgegangen, einen fast erwachsenen Menschen aufzunehmen, den man zwar unterstützen musste, aber auf so eine Rundum-Betreuung waren wir nicht vorbereitet.

Einige Beispiele:

  • Den Termin bei der Ausländerbehörde für ihr Visum, den ich für sie vereinbart hatte (sie wusste noch nicht einmal, dass sie dort vorstellig werden musste), verschlief sie.

  • Als sie unsere Schlüssel verlor und ich ihr sagte, sie müsse nun die Verantwortung dafür übernehmen und dem Schlüsseldienst eine Nachricht auf Deutsch schreiben (mit Google Translate und meiner Hilfe), damit die Schlösser ausgetauscht werden konnten, ignorierte sie es und ging statt dessen schlafen. Ihre Eltern würden den Schaden bezahlen, um alles andere würden mein Mann und ich uns schon kümmern. Als ich deswegen sauer wurde, reagierte sie total verständnislos.

  • Als sie ihren Pass verlor und wegen eines Ersatzes nach Frankfurt fahren wollte, sollten wir sie hinbringen.

  • Beim Termin beim Einwohnermeldeamt hatte sie ihren Pass vergessen. Also mussten wir nochmal mit ihr hin. Wieder hatte sie den Pass vergessen („Oh, I’m sorry, I had a fairy tale im my head, I forgot“). Also mussten wir noch einen dritten Termin ausmachen, zu dem sie ihren Pass nur deswegen mitbrachte, weil ich sie morgens zu Hause daran erinnert hatte und sie noch einmal aus dem Auto augestiegen war, um ihn zu holen.

  • Als sie ihr Portemonnaie zum wiederholten Mal zu Hause vergaß und anrief, dass ich sie abholen sollte, weil sie nun kein Geld für den Bus dabei habe, habe ich sie von der Schule nach Hause laufen lassen. Dauerte bei 8,5 km fast 2 Stunden. Bei einem Schmuddelwetter. Danach hat sie es nie wieder vergessen.

Mal ganz ehrlich - sie will nächstes Jahr zu Hause ausziehen und zum Studieren nach Sao Paulo gehen. Wie soll das denn bitte funktionieren? Sie ist ehr wie eine 12-jährige, auch von ihrer Entwicklung her, wie soll sie denn da alleine klarkommen?

Eigenverantwortung ist ein komplett unbekanntes Konzept für sie.

Uns hat das total zermürbt.

Sie ist super gerne mitgekommen, wenn wir mit ihr Sightseeing-Touren gemacht haben, mit ihr Eis essen gegangen oder an den See gefahren sind - aber immer nur, wenn man alles für sie organisierte. Eigeninitiative? Fehlanzeige. Ich habe ihr mehrmals angeboten, mal jemanden aus der Schule oder der Nachbarschaft nach Hause einzuladen. Aber sie wollte lieber "lazy"sein und schlafen oder fernsehen.

Wir haben ihr wieder und wieder erklärt, dass wir von ihr Eigenverantwortung erwarten und dass wir ihr nicht alles abnehmen und ständig das Chaos beseitigen könnten, dass sie immer wieder hinterlässt. Sie sagte, sie sei aber nun einmal so, wie sie sei und so sei sie immer schon gewesen und sie wüsste auch nicht, wie sie es ändern könnte.

Daneben hat mir ihre Mutter zugesetzt, die mir immer versuchte, per Google Translate und Whatsapp zu sagen, was ich alles zu tun hätte, um es ihrer Tochter genehm zu machen. Sie sagte immer: „She is our princess.“ Ich hatte dann irgendwann genug und antwortete ihr, dass es in unserer Familie kein Micro-Managing gebe und dass ich z.B. die Bettwäsche und Handtücher nach unserem eigenen Turnus waschen würde, nicht nach dem, den sie mir „auftrug“. Und dass die Bettwäsche wahrscheinlich für ihre Tochter schlicht nicht dreckig genug sei, wenn sie sie mir nicht zum Waschen herunterbringen würde. Einmal schrieb ich ihr: „There are no princesses in our family. If she wants to stay with us, she needs to stop being a princess that needs to be saved and become a queen who can handle her stuff herself.“ Gebracht hat es nichts.

Die Organisation war damit auch überfordert. Die Betreuerin vor Ort war super jung und selbst noch unerfahren.

Nach 6 Wochen haben wir entschieden, dass unsere ATS die Familie besser wechselt, was sie dann auch getan hat. Die Mitarbeiterinnen am Hauptsitz haben für sie eine neue Familie gefunden. Ich hoffe, mit Helikopter-Eltern. Unsere ATS sagte am Abend vor ihrem Abschied, sie hoffe, dass ihre neuen Gasteltern die Einstellung hätten, dass ihr Betreuungsbedarf normal sei und sie sagen würden „Well, kids are like that.“ Ich habe dann darauf verzichtet, ihr erneut zu sagen, dass sie aber kein Kind mehr sei, sondern mit 17 fast erwachsen und einfach gehofft, dass es mit ihrer neuen Familie besser passt.

Zusammenfassend einige Ratschläge, d.h. Punkte, auf die ich heute achten würde, wenn ich noch einmal mit dem Gedanken spielen würden, eine(n) ATS aufzunehmen:

  1. Sicher stellen, dass der/die ATS gut deutsch spricht, damit er/sie in der Lage ist, aufkomende Fragestellungen/Probleme weitgehend selbst zu lösen, indem er/sie selbst Telefonate oder Gespräche führen oder deutsche Websites lesen kann. Wäre hilfreich gewesen beim Verlust unserer Schlüssel, ihres Passes etc. Dann wäre nicht alles an uns hängen geblieben.

  2. Eine Gastschwester/einen Gastbruder im selben Alter ist hilfreich, mit dem er/sie in die Schule gehen kann - vereinfacht das Knüpfen sozialer Kontakte. Wichtig ist, dass eigenes Kind und ATS ähnlich ticken, sonst weigert sich das eigene Kind hinterher, den/die ATS einzubeziehen.

  3. Nicht unterschätzen, dass die deutschen Schüler/innen es den ATS nicht unbedingt einfach machen. Vor allem nicht in Zeiten von social media. Während wir früher so empathisch waren, ausländische ATS einzubeziehen, will man heute nicht als „uncool“ gelten (und womöglich mit denen auch noch fotografiert und gepostet werden), wenn die ATS vielleicht nicht ganz so „mainstream“ sind. War bei unserer ATS ein Thema, da sie von ihrer Entwicklung nicht so weit war wie ihre Mitschüler/innen und daher als „uncool“ galt.

  4. Sicherstellen, dass der Grad an Selbständigkeit, den der/die ATS mitbringt, zur eigenen Famiie und den eigenen Erwartungen passt. Keine(n) unselbständige(n) ATS aufnehmen, wenn man nicht gerne helikoptert.

  5. Sicherstellen, dass die örtlichen Gegebenheiten passen. Da gab es bei uns zwar keine Beschwerden, vielleicht wäre es für unsere ATS aber einfacher gewesen, mal allein etwas zu unternehmen, wenn wir in der Innenstadt gewohnt hätten.

  6. Schon vorher klarmachen, dass sich die Eltern des/der ATS rauszuhalten haben und dass man nur sehr begrenzt eigenen Kontakt mit den Eltern wünscht, sonst mischt sich immer jemand in die eigenen Familienangelegenheiten und- organisation ein. Sehr nervtötend und zeitaufwändig.

  7. Internet-Zeit begrenzen, sonst hängt der/die ATS ständig im Netz, um mit den Daheimgebliebenen zu kommunizieren. Fördert das Ankommen im Gastland und die Integration in die Gastfamilie nicht.

  8. Duschzeiten begrenzen und klarmachen, dass man sich energiesparend verhält. Das ist nicht in allen Ländern üblich. In Brasilien ist Wasser und Elektrizizät z.B. billig, also wurde stundenlang geduscht und nachts das Licht brennen gelassen.

  9. Gemeinsame Hobbies nicht überbewerten - die o.g. Punkte sind viel ausschlaggebender.

Ich sag’s ganz ehrlich - nach dieser ersten Erfahrung würden wir uns wahrscheinlich nicht noch einmal bereit erklären, eine(n) ATS aufzunehmen. Dabei haben wir uns echt Mühe gegeben und uns im Vorfeld auch sehr gefreut. Ich verstehe aber auch nicht, wie Eltern einen so unselbständigen Teenager ins Ausland schicken können und von den Gasteltern wie selbstverständlich erwarten, dass sie diesem enormen Betreuungsaufwand gerecht werden.

Hallo,
also ich wär ja gerne ATS bei Dir gewesen.
Lieben Dank für die detaillierte Beschreibung und vor allem für die ehrlichen Worte.
Was mich persönlich betrifft, werde ich jetzt anders an das Thema ran treten.
Ich wünsche besinnliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2020.
Liebe Grüße
Tanya

Hallo Tanya,

vielen Dank, es freut mich, wenn ich ein wenig weiterhelfen konnte.
Dir auch schöne Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch!

LG,
Simone

Liebe Simone, ich habe ihren Erfahrungsbericht gelesen und kann diese Problematik gut nachvollziehen, und ich kann auch die von ihnen gegebenen Tipps zum großen Teil so bestätigen.
Wir hatten selbst eine brasilianische ATS für 10 Monate, allerdings antworte ich hier auch, um zu sagen, dass nicht alle 16-17jährigen brasilianischen ATS so sind, wie sie es erlebt haben.
Wir hatten sehr gute Erfahrungen.
Also an alle, die sich mit dem Gedanken tragen einen ATS aufzunehmen, sollten ihre Tipps ernst nehmen, sich davon aber nicht verschrecken lassen, denn es geht auch anders, und die Chance für eine schöne Zeit mit einem ATS gibt es.
Mit dem deutsch sprechen hat es bei uns ca. 6 Wochen gedauert. Am Anfang hatte sie mehr englisch gesprochen sich aber schon um deutsch bemüht, nach 4 Wochen haben wir beschlossen, KEIN Englisch mehr, und es funktionierte jeden Tag besser.
Im Haushalt habe ich ihr nur gezeigt wie die Waschmaschine funktioniert, in der Küche wo alles steht, was sie sich zum Frühstück machen kann oder dass sie sich was kochen kann… von Anfang an war klar, sie muss sich selbst um ihre Sachen kümmern, schließlich gehe ich in 3 Schichten Vollzeit arbeiten. Natürlich war es hilfreich, dass sie sich vieles von ihrer Gastschwester abschauen konnte, aber unsere Tochter hat ihr die Sachen nicht abgenommen, und Maria lernte schnell wie es bei uns läuft. Erst viel später erzählte sie mir, dass sie vorher noch nie ihre eigene Wäsche gewaschen hat und auch sonst zu Hause in Brasilien das Hausmädchen da ist zum Putzen, Essen vorbereiten und für die Wäsche. Also auch für unsere ATS war alles neu. Ansonsten haben wir uns möglichst tollerant gezeigt, denn keiner ist perfekt, ewig duschen geht natürlich nicht, das mussten wir ihr erklären, hat sie auch eingesehen. Maria war ein Großstadtmädchen und landete bei uns auf’m Dorf mit schlechter Verkehrsanbindung, das war schon eine Herausforderung. Sie musste erstmal Fahrrad fahren lernen um in die Schule zu kommen, sie ist am Anfang auch paar mal gestürzt, aber sie hat es gelernt und zurück in Brasilien hat sie sich ein Fahrrad zum Geburtstag gewünscht, fährt jetzt öfter mit dem Fahrrad zur Uni.
Maria hatte dann auch keine Hemmung mit dem Fahrrad zum Bahnhof, von dort mit dem Zug in die nächste Großstadt, ganz alleine oder mit einer Freundin aus Mexiko. Ich machte mir da schon manchmal Sorgen, wenn sie unterwegs war, doch mit der Zeit merkte ich, dass sie sich einfach überall zurrechtfand. Dafür habe ich sie auch sehr bewundert. Maria hat es bei uns bestimmt nicht leicht gehabt, aber sie hat sich nie beschwert, hat sich immer durchgekämpft, und das in jeder Situation. Unsere Familie ist sehr froh, dass wir dieses tolle Mädchen kennenlernen durften. Inzwischen haben wir sie auch schon in Brasilien besucht und freuen uns schon drauf, wenn sie mal wieder in Deutschland sein kann. Wenn jemand Fragen dazu hat, kann mich auch gern hier über die E-mail-Funktion anschreiben.

für Deinen Beitrag. Natürlich gibt es auch positive Erfahrungen und nur, weil unsere Erfahrung leider nicht positiv war, soll das nicht heißen, dass das immer so ist. Ich wollte nur auf mögliche Punkte, die man vielleicht beachten sollte, wenn man sich für eine/n ATS entscheidet, hinweisen und für mögliche Schwierigkeiten sensibilisieren. Denn wenn es nicht passt, sind alle unglücklich - Gastfamillie wie auch ATS.

So, wie es bei Euch gelaufen ist, hätte ich es mir auch gewünscht. Eben, dass unsere ATS es als Chance begreift, hier in DE mehr Freiheiten zu haben als in Brasilien und diese zu nutzen. Aber diese Freiheiten wollte sie leider gar nicht und sie wollte auch nicht selbständig werden. Sie sagte, so sei sie einfach nicht, sie könne sich da auch nicht ändern und möchte sich lieber auf uns verlassen. Das wollten wir jedoch nicht.

Insofern ist es immer toll für alle Beteiligten, wenn es passt, aber es ist leider auch keine Selbstverständlichkeit.

Liebe Grüße,
Simone

worauf es mir mit meinem Beitrag insbesondere ankam, war, dass es sinnvoll sein kann, sich vorher darüber klar zu sein, was einem wichtig ist und was man von einem/r ATS erwartet und das mit den Wünschen und Gegebenheiten des/der ATS im Vorfeld idealerweise abzugleichen, denn auf diese Weise können nicht passende Konstellationen zum Wohle aller Beteiligten besser vermieden werden.

Nochmal liebe Grüße,
Simone