Untersuchung der Mobilität von 14 bis 19jährigen Schülern bei Langzeitaustauschprogrammen

Was erschwert uns und unsereren Kindern die Teilnahme an langfristig Schüleraustauschprogrammen? Eine neue Studie der European Federation of Intercultural Learning, EFIL, beschäftigt sich mit diesem Thema und möglichen Lösungen.

Präsentation der EU/EFIL-Studie "Untersuchung der Mobilität von 14 bis 19jährigen Schülern bei Langzeitaustauschprogrammen" in den Räumen des IJAB in Bonn am 23. Mai 2003

von Friederike Moldenhauer, Expertin Interkulturelles Lernen AFS Interkulturelle Begegnungen e.V.

Ziele der Studie

Die Zielsetzung dieser internationalen Studie, an der 19 Partnerländer der European Federation of Intercultural Learning, EFIL, teilnahmen, ist es, Hindernisse zu untersuchen, die den langfristigen Austausch einzelner Schüler der Sekundarstufe erschweren und geeignete Gegenmaßnahmenvorzuschlagen. Den deutschen Teil der Studie haben haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter des AFS Interkulturelle Begegnungen e.V., deutscher Partner des EFIL-Netzwerkes, erarbeitet.

2002 wurden 25 Schulen aus vier Bundesländern (Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen sowie Sachsen-Anhalt), 29 Austausch-Organisationen(profit und non-profit), sechs Bildungsministerien, das Bundesministeriumfür Bildung und Forschung und weitere Akteure wie beispielsweise der Bundeselternrat und Unesco-Projekt-Schulen befragt. Aus der Umfrage ergaben sich qualitative Ergebnisse, aufgrund des geringen Umfangs der befragten Institutionen ist Repräsentativität nicht gegeben.

Der Hintergrund

Im Jahr 2002 nahmen 7.669 Schüler an 168 Langzeit-Austauschprogrammen derbefragten Anbieter teil. Davon gingen zum Beispiel 5.527 Teilnehmer in die USA, 424 Teilnehmer nach Neuseeland und 378 Teilnehmer nach Australien, um nur die drei beliebtesten Reiseländer zu nennen.

Die Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studie benennen als wichtigste Gründe, die einen Austausch erschweren, die Kosten, die fehlende Anerkennung des Auslandsjahres und mangelnde Unterstützung durch die beteiligten Institutionen.

Kosten: Die Kosten eines Auslandsjahres werden meistens von den Familien der Schüler getragen und sind steuerlich nicht absetzbar. Abweichende Regelungen treffen zum Beispiel für Hamburg zu, wo Schüler durch den Senat gefördert werden, wenn soziale Bedürftigkeit vorliegt und die Leistungen des Schülers so gut sind, dass er die 11. Klasse überspringt. Neben Schüler-Bafög gibt es verschiedene Stipendienprogramme der Austauschorganisationen.

Fehlende Anerkennung: Die fehlende Anerkennung der Schulzeiten und der im Ausland erworbenen Zeugnisse und Abschlüsse sind ein weiterer Hinderungsgrund, für ein Jahr in das Ausland zu gehen. Häufig müssen Schüler die 11. Klasse wiederholen. Auch sind die Konsequenzen der Streichung des 13. Schuljahres nicht absehbar.

Mangelnde Unterstützung durch Schulen und Behörden: Durch die fehlende Akzeptanz von Lehrern werden Schüler abgeschreckt, ein Schuljahr im Ausland zu verbringen. Auch die mangelnde Unterstützung der Entscheidung, nach der 10. Klasse fortzugehen durch Schulen und Behörden wie Ministerien erschwert die Mobilität.

Weitere Hemmnisse sind unter anderem: hohe Anforderungen an die Gastschule (zum Beispiel was das Angebot an Fremdsprachen angeht), Mangel an Gastfamilien, zu hohe Erwartungen der Schüler an das Gastland, Angst vor Neuem und die jeweilige politische Situation oder Ereignisse.

Mögliche Maßnahmen

Imageförderung: Zu geeigneten Maßnahmen, den internationalen Schüleraustausch zu fördern, gehört die stärkere Unterstützung von interessierten Schülern durch Lehrer und Direktoren. Auch würden Schulen, die es ihren Schülern leichter machen, die Entscheidung für ein Auslandsjahr zu treffen, einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Mobilität leisten. Um das Bewusstsein der Schulen zum Thema Schüleraustausch zu stärken, sind eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und die Schulung von Lehrern und Multiplikatoren nötig. Die Einbindung des Schüleraustausches in den Europäischen Mobilitätspass oder in ähnliche Programme gehört ebenfalls dazu. Langfristiger Schüleraustausch dient darüber hinaus dazu, das Profil der deutschen Schulen zu schärfen und die Kompetenzen deutscher Lehrer zu erweitern.

Anerkennung von Schulzeiten und Zeugnissen im Ausland: Mindestens innerhalb der EU sollten Schulzeiten und Zeugnisse, die im Ausland erbracht worden sind, anerkannt werden. Dazu gehört die Reintegration in den alten Jahrgang. Richtlinien würden dabei helfen, wenn sie den Wert interkultureller Kompetenzen unterstrichen. Eine einheitliche Regelung der Bundesländer ist wünschenswert, solange sie den Schulen Entscheidungsspielraum bezüglich des Austausches lässt.

Finanzielle Förderung: Die finanzielle Unterstützung durch (Teil-) Stipendien, die unter anderem gezielt an sozial schwache Familien ergeht, leistet einen wichtigen Beitrag zur Mobilität von Schülern. Ebenso würde die steuerliche Absetzbarkeit besonderer Aufwendungen, die auch durch die Aufnahme eines Gastschülers entstehen, helfen, die finanzielle Last zu tragen. Ausführliche Informationen über Stipendien und andere Förderungsmöglichkeiten würden es den Familien erleichtern, sich für ein Schuljahr ihres Kindes im Ausland zuentscheiden.

Die Präsentation wurde von Elisabeth Hardt, Generalsekretärin von EFIL, um die europäische Dimension ergänzt. Die EU spricht folgende Empfehlungen aus, um die Mobilität von Schülern zu fördern: Rechtliche und administrative Hindernisse seien zu beseitigen, mindestens zwei Sprachen der EU-Länder seien zu lernen und es sei eine sprachliche und kulturelle Vorbereitung vor einer Maßnahme durchzuführen. Darüber hinaus sollten Schüler ermuntert werden, einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland zuabsolvieren sowie solle dafür gesorgt werden, sie bei der Integration in die Kultur des Gastlandes durch Betreuung zu unterstützen. Die EU empfiehlt außerdem, im Ausland gewonnene Qualifikationen anzuerkennen und die finanzielle Unterstützung durch Stipendien und Darlehen zu stärken. Der "Mobility Action Plan" der EU erklärt folgende Ziele: die Mobilität in Europa zu demokratisieren, angemessene Förderung zu verbessern, Mobilität zu stärken und bessere Voraussetzungen dafür zu schaffen.

In der anschließenden Diskussion wiesen die Teilnehmer der Veranstaltung auf den Einfluss finanzieller Förderung, die Verkürzung der Schulzeit auf 13 Jahre, und die Bedeutung der Anerkennung des Auslandsschuljahres sowiepositiver Presseberichterstattung hin. Als zentrale Forderungen sahen sie die Sicherung des Schüleraustausches vor dem Hintergrund der Streichung des 13. Schuljahres und die Möglichkeit, Steuervergünstigungen für die Aufnahme von Gastschülern zu erhalten. Dazuwurde beschlossen, eine Interessengemeinschaft zu gründen, die Lobbyarbeit leistet.