Vom Austauschschüler zur Gastschwester- Andere Sichtweise&Probleme

Ich bin vor 3 Monaten aus den USA wiedergekommen und kann die Dinge nun aus der Sicht meiner Gastfamilie sehen. Ich kann viele Handlungen von ihnen nun besser verstehen und nachvollziehen. Vielleicht findet ihr euer Verhalten in den ein oder anderen Sätzen wieder und dies hilft euch, eure Gastfamilie besser zu verstehen:

Wir haben vor 2 Monaten einen Austauschschüler aus Brasilien aufgenommen und es verläuft nicht so, wie wir uns dass vorgestellt haben. Wir haben sie ausgesucht, weil sie laut YFU kochen, Sport, lesen und fotografieren mag. Allerdings sitzt sie hier nur in ihrem Zimmer vorm PC oder im Wohnzimmer am Handy. YFU hat ‚vergessen‘ uns von ihrem ADHS zu erzählen ( Die stille und schüchterne Variante), was das Zusammenleben zusätzlich erschwert.
→ Gebt also nur eure echten Interessen an!!!
Sie zeigt kaum Interesse an der dt. Kultur und wenn wir ihr etwas erklären kommt nur ‚Ah schön oder cool‘ zurück. Sie stellt uns keine einzige Frage oder erzählt etwas über ihr Land. In der Schule sagt sie kein Wort und zuhause verzieht sie sich in ihr Zimmer.
→ Es liegt an euch Interesse zu zeigen! Auch wenn ihr die Sprache nicht versteht, gebt euch Mühe und zeigt dies auch. Es kommt sonst sehr undankbar rüber

Sie räumt zwar auf, wenn sie sich etwas zu essen macht, allerdings ist ihr Zimmer total zugemüllt. Es kommt einfach nichts von ihr aus z.B sieht sie, dass wir bei der Vorbereitung einer Party gestresst sind fragt aber nicht, ob sie uns helfen kann. Sie hilft, wenn man sie dazu auffordert, aber es kommt nichts von ihr aus.
Es ist eigentlich so, als ob sie nicht da wäre und uns belastet dies sehr. Wir werden nicht ‚warm‘ mit ihr und haben noch keine Beziehung zu ihr aufgebaut. Wir sind eine ziemlich offene und familiäre Familie und jemand der am Tag vielleicht 5 Wörter sagt ist eine ziemliche Belastung.
→ Räumt auf, auch wenn ihr die Unordnung nicht gemacht habt und versucht Interesse an allem zu zeigen. Redet, redet, redet !!

Ich als Gastschwester und ehemalige Austauschschülerin habe ihr schon oft von meinen Erfahrungen in den USA erzählt und ihr Ratschläge gegeben wie man Freunde findet, sich im Familienleben zurecht findet usw aber es bringt einfach nichts. Mittlerweile setzt sie sich zwar ins Wohnzimmer, doch sie ist nur am Handy. Wir haben ihr schon oft gesagt sie soll nicht jeden Tag skypen und ihr kleine Aufgaben gegeben z.B versuche jeden Tag mit 5 verschiedenen Leuten in der Schule zu reden, doch es bringt einfach nichts.
→ Skypt alle 2 Wochen, aber nicht jeden Tag. Dass ist sehr unhöflich und reskeptlos der Gastfamilie gegenüber.

Ihre Mutter hat uns auch schon geschrieben und uns gesagt sie hat Gastgeschenke für uns, doch sie traut sich nicht uns die zu geben. Ich weiß langsam auch nicht mehr weiter. Ihr deutsch verbessert sich natürlich auch nicht, wenn sie nur skypt und nicht redet. Ich empfinde die ganze Situation als sehr belastend, weil ich mich dafür verantwortlich fühle, dass sie hier Spaß hat. Eigentlich läuft sie mir in der Schule nur wie ein Hund hinterher und setzt sich auf Parties mit dem Handy in eine Ecke…
→ ihr seid dafür verantwortlich spaß zu haben und nicht eure Gastfamilien. Sie machen sich viele gedanken um euch, also liegt es an euch ihnen zu zeigen, dass ihr euch wohl fühlt bzw euer Verhalten verbessern möchtet.

Auch isst/trinkt sie nur gewisse Sachen wie Schinkenwurst, Fleisch mit Reis, Schokolade, Cola und ein brasilianisches Getränk. Gemüse, Obst, Fisch oder Käse mag sie nicht. Es würde uns einfacher fallen diese extra Sachen jeden Tag einzukaufen, wenn im Gegensatz auch etwas von ihr aus kommen würde z.B das Angebot mal für uns zu kochen, oder von selbst das Bad zu putzen.
→ Ihr seid im Gastland also solltet ihr euch auf neue Essgewohnheiten einlassen und ihnen eure Kultur näher bringen.

Der Ablauf unseres Gastschülers ist jeden Tag gleich: Aufstehen, in die Schule gehen, nach Hause kommen, schlafen. Dass kann ihr doch keinen Spaß machen, doch sie versucht nichts zu ändern.
Uns belastet diese Situation sehr und wir haben schon überlegt YFU zu sagen, dass wir den Austausch gerne abbrechen würden. Doch mit welchem Grund? Dass sie zu still ist? Sie macht ja eigentlich nichts, aber genau da ist das Problem. Wir würden ihr gerne ein schönes Auslandsjahr ermöglichen, doch dazu muss sie auch Eigeninitiative und Interesse zeigen. Uns macht es sehr traurig, wie sie ihre Zeit hier vergeudet und keinerlei Besserung in Sicht ist. Wir glauben, dass sie einfach nicht in unsere Familie passt…

Schon mal daran gedacht, dass eure Gastfamilie vielleicht genau so denkt? Macht nicht die gleichen Fehler wie unsere Gastschülerin .:cry:

Hey,

schön, dass du aus der anderen Perspektive berichtest, auch wenn es schade ist, dass ihr keine so tolle Erfahrung habt.
Vielleicht solltet ihr nochmal mit eurem Betreuer sprechen. Oder nochmal mit ihr darüber, was sie für Erwartungen an ihr ATJ hatte, was für Ziele, was sie machen möchte.

Ich bin im Moment auch in der Situation…allerdings als Gastmama. Bei mir läuft es aber ganz gut. Meine Gasttochter hat sich gut eingelebt, wir verstehen uns gut. Ihr deutsch wird besser und sie hat auch schon Freunde gefunden. Im Haushalt könnte sie aber auch mehr von selbst machen. Außerdem plant sie etwas kurzfristig…was manchmal etwas stressig ist :slight_smile: