Oh Mann, bin ich da die einzige oder geht es anderen genauso?
Es ist so: Ende des Sommers im letzten Jahr drängte sich bei mir plötzlich der Wunsch auf, unbedingt ins Ausland zu wollen. Es wurde hin und her überlegt, welchens Land, welche Orga, wie lange, kann ich das emotional überhaupt schaffen…und so weiter. Meine Eltern kratzten schliesslich all ihr Geld zusammen, ich schrieb stundenlang an Selbstbeschreibungen und füllte winzige Formulare aus, was eine Heidenarbeit war, aber mein Wunsch und meine Vorfreude auf ein halbes Jahr im Ausland spornten mich an.
Jetzt ist es soweit: Die Orga ist gewählt, das Bewerbungsgespräch habe ich lange hinter mir, tagelang Briefe an Gasteltern und Schulen geschreiben, alles abgeschickt, von nichts anderem geredet, Bestätigung bekommen, die erste Anzahlung ist überwiesen… jetzt heisst es warten auf Infobriefe und Gastfamilieninfos.
Ist es normal, dass mir jetzt auf einmal Zweifel kommen? Wenn ich mit meinen Freunden zusammen lache und rede, mit meiner Familie Sachen unternehme oder so, und ich einfach nur glücklich hier bin, sollte ich dann wirklich gehen?
Auf der anderen Seite habe ich so oft das Gefühl, dass etwas fehlt, dass da noch mehr Dinge sind, die ich unbedingt entdecken will… so eine Begeisterung für die grosse weite Welt, von der ich wenigstens ein kleines Stück mehr kennenlernen will! Ich werde so viele tolle neue Menschen kennenlernen und egal, ob mein Halbjahr gut oder schlecht wird, irgendwelche Erfahrungen fürs Leben werde ich auf jeden Fall mitnehmen.
Dann wieder vermisse ich meine Freunde schon im Voraus, sogar die dümmsten Typen aus meiner Klasse haben gute Seiten, wenn ich daran denke, dass ich sie bald mehrere Monate nicht sehen werde.
Am schlimmsten ist abends im Bett, wenn ich mir vorstelle, dass ich jetzt tausende Kilometer von zu Hause weg in Amerika bin und meine Familie und Freunde, zu denen ich immer kommen kann, wenn es mir schlecht geht und mit denen ich immer was zu lachen hab, ganz weit weg sind, wenn ich Probleme im fremden Land habe.
Ich dachte bisher immer, emotionale Distanz von Menschen, die einem eigentlich wichtig sind, ist schlimmer als räumliche Distanz, aber mittlerweile glaube ich, dass es umgekehrt auch tausendmal schlimmer sein kann.
Geht es nur mir so oder habt Ihr auch diese Sorgen und Gedanken, die keiner so richtig versteht, der das nicht selber vor sich hat, und die euch auch niemand nehmen kann…!?